Soeben haben wir erfahren, dass Neonazis in Wunstorf auf ihre Weise mit Farbschmierereien an die Zerstörung Dresdens erinnerten. Bei der Bombardierung Dresdens habe es sich um Völkermord gehandelt, behaupten die Nazis. Auf diese Weise soll – wie üblich – von der Verantwortung des NS-Regimes für die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges, vom Mord an den europäischen Juden und von weiteren Massenverbrechen abgelenkt werden. Deutsche sollen ausschließlich zu Opfern der Alliierten stilisiert werden. Dass ausgerechnet in Wunstorf versucht wird, mit der Erinnerung an Dresden, deutsche Verbrechen zu relativieren, demonstriert deutlich die Geschichtsvergessenheit und Demagogie der Neonazis. Denn aus Wunstorf kamen Bomberbesatzungen, die zuvor Guernica, Coventry und andere Städte in Schutt und Asche gebombt, die sich ohne Skrupel am Angriffskrieg gegen europäische Nachbarländer beteiligt hatten. Gerade in Wunstorf dürfte es schwierig sein, einen deutschen Opferkult zu inszenieren. Warum passiert es dennoch?
Unserer Meinung nach tragen sowohl die Stadt Wunstorf als auch das auf dem Fliegerhorst Wunstorf stationierte Lufttransportgeschwader der Bundeswehr Mitverantwortung für diese Geschichtsvergessenheit. Bereits in den 1980er Jahren wurden eine Städtepartnerschaft mit Guernica und die Umbenennung der Boelckestraße in Guernicastraße verhindert. In der JU 52-Halle und in den durch die Stadt gesponserten Chroniken zur Geschichte des Fliegerhorstes bleiben die verheerenden Einsätze der Wunstorfer Bombereinheiten während des Zweiten Weltkrieges bis heute unerwähnt. Wer jahrelang eine Geschichtspolitik betreibt, in der die Verbrechen der deutschen Luftwaffe vertuscht werden, sollte sich über das, was jetzt passiert ist, nicht zu wundern.
Neustadt, 15.2.2011