Stolpersteine in Neustadt am Rübenberge

Spendenkonto für weitere Stolpersteine in Neustadt a. Rbge:

Arbeitskreis Regionalgeschichte
Kto.: 0400 2890 00
Hannoversche Volksbank (BLZ: 251 900 01)
IBAN: DE 49 25 19 0001 0400 2890 00
BIC: VOHADE 2HXXX
Stichwort: Stolpersteine

Am 21.11.2015 wurden weitere Stolpersteine verlegt für:

Martha Hünerberg, Kurt Hünerberg, Leopold Rosenbaum, Paula Rosenbaum, Lotti Rosenbaum, Kurt Leopold Rosenbaum, Jenny Meinrath, Otto Meinrath, Walter Meinrath

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Einige Fotos und der folgende Film von der Verlegung finden sich auch bei Wikimedia Commons in der Kategorie: Stolpersteine in Neustadt am Rübenberge


Vortrag von Ingrid Wettberg, Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover zur Verlegung der ersten Stolpersteine am 27. März 2014 in Neustadt a. Rbge.

Am 27. März 2014 wurden die ersten 7 Stolpersteine in Neustadt am Rübenberge (Region Hannover) verlegt, die an die Opfer antisemitischer Gewalt zu Zeiten der NS-Diktatur erinnern sollen. Ingrid Wettberg hielt während der Verlegung einen Vortrag, der hier auch nachzuhören ist:

https://ak-regionalgeschichte.de/wp-content/uploads/2014-03-27_Ingrid_Wettberg_Stolpersteinverlegung.mp3

In Januar diesen Jahres waren es 81 Jahre, dass mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ein mörderischer Ungeist zur Staatsräson erklärt wurde und im November vergangenen Jahres waren es 75 Jahre, dass dieser Ungeist in der Pogromnacht seinen gewaltsamen Auftakt zur Vernichtung der europäischen Juden nahm.

Wie lässt sich die Erinnerung daran in eine Alltagswirklichkeit überführen?

Wie soll man gedenken?

Oder wird es nicht langsam Zeit einen Schlussstrich zu ziehen? Und die Vergangenheit zu historisieren, also der Wissenschaft zu überlassen?

Warum sollen wir uns, warum soll sich die heutige Gesellschaft an all das erinnern?

Warum soll es auch im Bewusstsein derer lebendig bleiben, die erst Jahrzehnte nach dem damaligen Geschehen geboren worden sind?

Schüler, die heute noch nicht mal 20 Jahre alt sind und das Thema „Holocaust-Auschwitz-Hitler-6Mio. Tote“ schon nicht mehr hören können, weil es schon mindestens dreimal auf dem Lehrplan stand.

Nein, wir müssen uns und die Nachfolgenden daran erinnern, weil diejenigen, die nicht wissen, wie leicht Menschen sich verführen oder zumindest zur Passivität bringen lassen, zum Nachdenken und Handeln gebracht werden sollen.Erinnern heißt also, und das hat kein Geringerer als Gotthold Ephraim Lessing schon vor 200 Jahren gesagt: „Nicht das Gedächtnis zu belasten, sondern den Verstand zu erleuchten“.Es muss aber nicht nur erinnert werden, sondern es muss auch gehandelt werden.

Gefordert sind der Staat und das Gemeinwesen mit all seinen Institutionen, Einrichtungen, Schulen, Verbänden und Vereinen. Sie müssen den neuen extremistischen Aktivitäten entgegentreten. Gefordert sind schließlich alle Mitbürger und Mitbürgerinnen ob jung oder alt. Denn noch immer steht ein nicht geringer Teil unserer Gesellschaft rechtsextremistischen und antisemitischen Parolen zustimmend gegenüber.Deshalb richtet sich der Appell an alle aber besonders an Euch junge Menschen: Seht nicht weg, wenn Mitschüler beleidigt, bedroht oder geschlagen werden. Erhebt Eure Stimme, wenn am Stammtisch oder in der Schule schlimme Sprüche gedroschen werden, widersteht und widersprecht. Lauft nicht jedem Scharlatan hinterher, sondern bildet euch ein eigenes Urteil. Denn die Republik, die Demokratie von Weimar ist letzten Endes deshalb zu Grunde gegangen, weil es nicht genug Demokratinnen und Demokraten gab, die sie verteidigte.

Wo stehen wir heute?

Es gibt schon wieder – oder soll ich lieber sagen immer noch – Antisemitismus und der moderne Antisemitismus ist eine Weltanschauung, die auch ohne Juden funktioniert. Heute gibt es zum Glück keinen staatlich propagierten Antisemitismus, wie in den 30ger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Nach einer kürzlichen Erhebung sind:

15 – 20 % der Deutschen latent antisemitisch eingestellt,

8 – 10 % der Deutschen äußern sich in Umfragen offen antisemitisch – sie halten Juden für andere? — schlechtere Menschen.

Das sind keine Umfragen aus längst vergangenen Zeiten – nein, sie sind aus dem letzten Jahr. Was ist gegen diesen latent vorhandenen Antisemitismus und gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu tun? Gute Frage — Eigentlich kann jeder etwas dagegen tun. Zuhören und sich einmischen – nicht wegsehen, sondern bewusst hinsehen. Präventive Maßnahmen in der Jugendbildungsarbeit entwickeln und durchführen. Sich informieren und lernen zu differenzieren. Es geht nicht darum, die Vergangenheit zu bewältigen – das kann man gar nicht. Wer aber vor der Vergangenheit seine Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren – das sagte Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner Rede zum 40sten Jahrestag der Beendigung des zweiten Weltkrieges.

In Neustadt gibt es nun kleine Orte der Erinnerung an ehemalige jüdische Mitbürger dieser Stadt, die als angesehene Bürger hier lebten und von heute auf morgen zum Feindbild erklärt wurden, nur weil sie Juden waren.

Ich danke besonders Herrn Brieden von der Weißen Rose Neustadt für seinen wirklich jahrelangen unermüdlichen Einsatz zu diesem Thema, unter anderem diese Stolpersteine für die ehemaligen Mitbürger Neustadts verlegen zu lassen und die Bereitschaft der Stadt Neustadt mit Herrn Bürgermeister Sternbeck, sich dafür eingesetzt zu haben, dass das Vorhaben auch in die Tat umgesetzt werden konnte.

Und ich danke den Schülern und den Lehrern, die sich mit den Biographien der ehemaligen Neustädter Bürger beschäftigt haben.


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