Der aktuelle Skandal in der Bundeswehr und die militärische Traditionspflege auf dem Fliegerhorst Wunstorf und in der Stadt Wunstorf

Presseerklärung

Die Öffentlichkeit ist zur Zeit darüber entsetzt, dass in der Bundeswehr ein rechtes Netzwerk aktiv ist, das sich positiv auf die Traditionen der Wehrmacht bezieht. Einzelne Soldaten scheinen auch nicht mehr davor zurückzuschrecken, Anschläge vorzubereiten. Seitdem die Bundeswehr in internationale Kriegseinsätze geschickt wurde, häuften sich darüber hinaus Berichte über Soldatenmisshandlungen. Auch die auf dem Fliegerhorst Wunstorf (Region Hannover) betriebene Traditionspflege gab immer wieder Anlass zu Beschwerden und öffentlichen Diskussionen.

Kritisiert wird die Ausstellung in der Ju-52-Halle, ein Militärmuseum auf dem Gelände des Fliegerhorstes, für das das Lufttransportgeschwader 62 die Verantwortung trägt. Obwohl die schlimmsten Nazi-Devotionalien wie Hakenkreuze, NS-Literatur etc. nach einer Beschwerde des Arbeitskreises Regionalgeschichte an das Verteidigungsministerium bereits 1998 beseitigt wurden, blieben die verheerenden Einsätze der Junkersmaschinen und der Angehörigen des in Wunstorf stationierten NS-Traditionsgeschwaders Boelcke während des Spanischen (Bürger-) Krieges und des Zweiten Weltkrieges ausgeblendet.


Zu nennen sind hier insbesondere:

  • Die Luftbrücke von „Spanisch-Marokko“ auf die iberische Halbinsel mit Ju-52-Transportmaschinen im Juli und August 1936 für die Fremdenlegionäre des Generals Franco, Anführer eines Putsches gegen die spanische Republik. Ohne diese Luftbrücke wäre der Putsch gleich in den ersten Tagen gescheitert.
  • Die Zerstörung von spanischen Städten und Dörfern durch Ju-52-Behelfsbomber und Personal von den Fliegerhorsten Wunstorf und Langenhagen – darunter der verheerende Angriff auf die baskische Stadt Guernica/Gernika am 26.4.1937.
  • Die Angriffe auf Warschau im September 1939, bei der JU-52-Transportflugzeuge aus denen Brandbomben geschaufelt wurden, eine verhängnisvolle Rolle spielten. Warschau stand tagelang in Flammen.
  • Die Zerstörung der englischen Stadt Coventry durch das Boelcke-Geschwader im September 1940.

Dies sind nur einige Beispiele für Einsätze der „guten alten Tante Ju“ und des Boelckegeschwaders, die in der Ju-52-Halle verschwiegen und vertuscht werden.
Auch die Stadt Wundtorf beteiligt sich an der Verharmlosung der Kriegsverbrechen der NS-Luftwaffe. Anfang der 1950er Jahre ließ sie eine Straße zu Ehren des Traditionsgeschwaders, das Gernika und Coventry in Schutt und Asche legte, wieder – wie zu Nazizeiten – „Oswald-Boelcke-Straße“ nennen. Seit den 1980er Jahren wird immer wieder gefordert, diese Straße endlich umzubenennen – bis heute vergeblich.
Zwar wollen das Lufttransportgeschwader 62 und die Stadt Wunstorf im Herbst 2017 am Fliegerhorst einen Gernikagedenkstein aufstellen. Dieses Gedenken muss aber unglaubwürdig bleiben, wenn in der Ju-52-Halle die Wehrmachtsverbrechen weiter verschwiegen und in Wunstorf die Täter von Gernika immer noch geehrt werden.
Der aktuelle Skandal in der Bundeswehr sollte endlich auch in Wunstorf zum Anlass genommen werden, die bislang betriebene Traditionspflege zu beenden.

Hubert Brieden
Historiker – Arbeitskreis Regionalgeschichte

Michael Dunst
Pädagogischer Leiter –  Bildungswerk ver.di Niedersachsen