Gernika-Gedenkstein und die „vergessene“ Geschichte des Fliegerhorstes Wunstorf

Stellungnahme des Arbeitskreises Regionalgeschichte anlässlich der Präsentation eines „Gernikasteines“ auf dem Fliegerhorst Wunstorf am 8.9.2017:

Wir wollen auch deutlich machen, dass die heutige Bundeswehr keine Kriegsarmee mehr ist.“ (der Wunstorfer Bürgermeister zum Sinn des Gernikasteins)

Elefanten im Porzellanladen

Am 8. September 2017 wird auf dem Gelände des Fliegerhorstes Wunstorf im militärischen Sicherheitsbereich und abseits der Öffentlichkeit durch den Wunstorfer Bürgermeister und den Kommodore des Lufttransportgeschwaders 62 der Bundeswehr ein Gernika-Gedenkstein präsentiert. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wolle sich der Bürgermeister und die Bundeswehr endlich – nach Jahrzehnten des Verschweigens und Relativierens – der NS-Geschichte des Fliegerhorstes Wunstorf stellen: Die baskische Stadt Gernika wurde während des Spanischen (Bürger-)Krieges durch ein mehrstündiges Flächenbombardement der deutschen Legion Condor fast vollständig zerstört. Beteiligt waren auch Angehörige des NS-Traditionsgeschwaders Boelcke vom Fliegerhorst Wunstorf. Dieses Geschwader war darüber hinaus verantwortlich für Flächenbombardements ziviler Stadtviertel in polnischen und anderen europäischen Städten und für die Vernichtung der britischen Stadt Coventry während des Zweiten Weltkrieges.

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Politischer Skandal um Gernika-Gedenkstein

Liebe Freundinnen und Freunde aus Wunstorf und Neustadt:

Bei unserer letzten Vorstandssitzung haben wir – der euch aus Bilbao und Gernika bekannte Kulturverein Baskale e.V. – über das Vorhaben diskutiert, in Wunstorf einen Gernika-Gedenkstein aufzustellen und zur Einweihung baskische Schülerinnen und Schüler einzuladen. Wir halten dies für einen politischen Skandal, der sich umso gravierender darstellt, nachdem wir in Erfahrung bringen konnten, dass die baskischen Schüler/innen und ihr Begleitpersonal nicht informiert sind über die gesamte Dimension des Gedenkstein-Projekts.

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Der aktuelle Skandal in der Bundeswehr und die militärische Traditionspflege auf dem Fliegerhorst Wunstorf und in der Stadt Wunstorf

Presseerklärung

Die Öffentlichkeit ist zur Zeit darüber entsetzt, dass in der Bundeswehr ein rechtes Netzwerk aktiv ist, das sich positiv auf die Traditionen der Wehrmacht bezieht. Einzelne Soldaten scheinen auch nicht mehr davor zurückzuschrecken, Anschläge vorzubereiten. Seitdem die Bundeswehr in internationale Kriegseinsätze geschickt wurde, häuften sich darüber hinaus Berichte über Soldatenmisshandlungen. Auch die auf dem Fliegerhorst Wunstorf (Region Hannover) betriebene Traditionspflege gab immer wieder Anlass zu Beschwerden und öffentlichen Diskussionen.

Kritisiert wird die Ausstellung in der Ju-52-Halle, ein Militärmuseum auf dem Gelände des Fliegerhorstes, für das das Lufttransportgeschwader 62 die Verantwortung trägt. Obwohl die schlimmsten Nazi-Devotionalien wie Hakenkreuze, NS-Literatur etc. nach einer Beschwerde des Arbeitskreises Regionalgeschichte an das Verteidigungsministerium bereits 1998 beseitigt wurden, blieben die verheerenden Einsätze der Junkersmaschinen und der Angehörigen des in Wunstorf stationierten NS-Traditionsgeschwaders Boelcke während des Spanischen (Bürger-) Krieges und des Zweiten Weltkrieges ausgeblendet.

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Protest gegen Militarisierung

FriedensdemonstrantInnen fordern Umbenennung der Oswald-Boelcke-Straße und ein Ende der Aufrüstung des Fliegerhorstes Wunstorf

Am Freitag, den 15. Mai 2015 veranstaltete das hannoversche Friedensbüro eine Fahrradtour zum Fliegerhorst Wunstorf. Unterwegs setzte sich die dreizehnköpfige Gruppe an der „Germania“ vor dem Hölty-Gymnasium und am Kriegerdenkmal mit der militärischen Traditionspflege in Wunstorf auseinander. Hubert Brieden vom Arbeitskreis Regionalgeschichte erläuterte Geschichte und Gegenwart der Denkmäler und sprach über die 1933 durch die Nazis veranlasste Umbenennung der Bahnhofstraße in Hindenburgstraße. Auch die Oswald-Boelcke-Straße erhielt diesen Namen 1936 erst durch die Wunstorfer NS-Machthaber, die damit das auf dem neu angelegten Fliegerhorst Wunstorf stationierte Traditionsgeschwader Boelcke ehren wollten. Flieger des Boelcke-Geschwaders waren während des Spanischen (Bürger-)Krieges und im Zweiten Weltkrieg u. a. an den vernichtenden Angriffen auf Gernika / Guernica und auf Coventry beteiligt.

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Gegensätzliche Erinnerungen

Reisegruppe aus Gernika zurück

In Gernika gedenkt man der Toten … in Wunstorf der Täter

Straßentheater in Gernika am 26. April 2015 – Erinnerung an die Opfer deutscher Ju-52-Bombenflugzeuge
Straßentheater in Gernika am 26. April 2015 – Erinnerung an die Opfer deutscher Ju-52-Bombenflugzeuge

Die fünfzehnköpfige Gruppe aus der Region Hannover und aus Lüneburg ist soeben von ihrer Reise nach Gernika / Guernica im spanischen Baskenland zurückgekehrt. Die Vernichtung der Stadt am 26. April 1937 vor allem durch deutsche Bombereinheiten der Legion Condor während des Spanischen (Bürger-) Krieges – darunter auch Flugzeugbesatzungen aus Wunstorf und Langenhagen –, ist bei den Menschen in Gernika bis heute fest im kollektiven Gedächtnis verankert. Mit eindrucksvollen politischen und kulturellen Veranstaltungen, wurde an die Zerstörung der Stadt erinnert. Die BesucherInnen aus Deutschland wurden u.a. zur großen Gedenk- und Kulturveranstaltung am Vorabend des Jahrestages der Bombardierung eingeladen, an der sich mehr als 1000 Menschen beteiligten. Das Geheul von Sirenen und das Läuten der Kirchenglocken erinnerten am Nachmittag des 26. April an den Beginn des verheerenden Luftangriffs vor 78 Jahren und eines der ersten Flächenbombardements der Luftkriegsgeschichte. Abgeschlossen wurden die diesjährigen Feierlichkeiten durch mehrere Straßentheater und eine Lichterdemonstration.

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Verklärung der Ju 52 am Ihme-Zentrum in Hannover-Linden

Soeben kommen wir – eine Reisegruppe aus der Region Hannover – von den Gedenkfeierlichkeiten in Guernica / Gernika im spanischen Baskenland zurück. Jedes Jahr gedenkt man dort der Vernichtung der Stadt durch deutsche Bombenflugzeuge der Legion Condor während des Spanischen (Bürger-)Krieges am 26. April 1937. Deutsche Luftwaffeneinheiten unterstützten einen Putsch unter Führung des Generals Franco gegen die gewählte republikanische Regierung. Entsetzt über eines der ersten Flächenbombardements der Luftkriegsgeschichte gegen eine unverteidigte Stadt malte Pablo Picasso in den Wochen nach diesem Kriegsverbrechen sein wohl bekanntestes Bild und machte den Namen „Guernica“ bis heute zum Symbol gegen den Krieg und speziell gegen den Luftkrieg. Geflogen wurde der Angriff vor allem mit Ju (Junkers) 52-Behelfsbombern und Heinkel 111-Maschinen. Auch bei der Bombardierung Warschaus im September 1939 spielten Ju 52-Flugzeuge – diesmal Transportmaschinen – eine verhängnisvolle Rolle: Ein Geschwader Ju 52 kreiste über der polnischen Metropole und jeweils drei Wehrmachtssoldaten in jeder Maschine schippten mit Kartoffelschaufeln aus den Ladeluken Brandbomben auf die Millionenstadt. Warschau stand tagelang in Flammen und war – da vorher die Wasserleitungen durch Sprengbomben zerstört worden waren – nicht mehr zu löschen.

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Chorbesuch aus Gernika

Empfang des baskischen Chores Urdaibai Kantagunea in Neustadt a. Rbge. und Wunstorf und Eklat um den geplanten Besuch der Ju 52-Halle

Auf Einladung des DGB-Chores trat der Chor Urdaibai Kantagunea aus Gernika / Guernica am 9. November 2013 zusammen mit vielen anderen Chören auf dem 3. Chörefestival gegen Rechts in Hannover auf. Für den 10. November hatten die Städte Neustadt am Rübenberge und Wunstorf (Region Hannover), die in unmittelbarer Nähe des Fliegerhorstes Wunstorf liegen, die Chormitglieder eingeladen. Auf dem Fliegerhorst Wunstorf war während der NS-Zeit ein Großteil der Bombereinheiten ausgebildet worden, die auf Seiten putschender Generale im Spanischen (Bürger-) Krieg republikanische Städte bombardierten – darunter die baskische Stadt Gernika. Wunstorf und Neustadt wollten ein Zeichen der Versöhnung setzen und sich der Geschichte stellen. Das Forum Stadtkirche Wunstorf organisierte einen gemeinsamen Auftritt des Chores Urdaibai Kantagunea und des DGB-Chores. Mitglieder des Chores aus Gernika hatten den Wunsch geäußert, anlässlich ihres Besuches in Wunstorf auch einmal den Fliegerhorst zu besichtigen. Die stellvertretende Wunstorfer Bürgermeisterin Birgit Mares organisierte daraufhin einen Besuch in der JU 52-Halle. Flugzeuge dieses Typs waren an der Zerstörung Gernikas beteiligt. Wenige Tage vor dem Besuch erhielt Hubert Brieden, Mitarbeiter des Arbeitskreises Regionalgeschichte, ein Einschreiben von der „Traditionsgemeinschaft Lufttransport Wunstorf e.V.“, dem Trägerverein der Ju 52-Halle. Darin wurde er aufgefordert, von einem Besuch der Halle zusammen mit den Chormitgliedern abzusehen. Gegebenenfalls erhalte er Hausverbot. Seit etwa 30 Jahren bestehen seitens des Arbeitskreises Regionalgeschichte solidarische Beziehungen zu Menschen in Gernika, die detailliert informiert sind über die Geschichte der Bombardierung ihrer Stadt, die Rolle der Nazi-Luftwaffe bei der Zerstörung Gernikas und auch über die Geschichte des Fliegerhorstes Wunstorf. Als die SängerInnen erfuhren, dass Hubert Brieden der Zugang verwehrt wurde, reagierten sie mit Unverständnis und Empörung und beschlossen, in Solidarität mit dem von ihnen sehr geschätzten Historiker auf den Museumsbesuch zu verzichten. Chorbesuch aus Gernika weiterlesen

Lüneburg Guernica unerwünscht

Kriegerdenkmal … Friedensdenkmal … Kriegerdenkmal …

Seit Anfang des Jahres 2013, wendet sich eine Initiative: “dragoner-denk-mal-nach” in Lüneburg gegen die Restaurierung und Wiederaufstellung eines Kriegerdenkmals von 1939. In einer beachteten Kunstaktion am 8. September 2013, dem “Tag des offenen Denkmals”, gestalteten Mitglieder der Initiative den zur Zeit leeren Sockel des Dragoner-Denkmals mit einer Reproduktion der Picasso-Bildes “Guernica” zu einem Friedensdenkmal um. In einem Textteil erinnerten sie an die Beteiligung Lüneburger Militärs an Verbrechen während mehrerer Kriege seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Lüneburg Guernica unerwünscht weiterlesen

Gernika-Ausstellung stieß auf großes Interesse

Vom 7. – 25. April 2013 war in Wunstorf (Region Hannover) in der Stadtkirche die Ausstellung „Ein voller Erfolg der Luftwaffe“ – die Vernichtung von Guernica / Gernika am 26. April 1937 – Geschichte und Gegenwart eines deutschen Kriegsverbrechens zu sehen.

Mehr als 600 BesucherInnen schauten sich die Ausstellung an. Die Begleitveranstaltungen waren sehr gut besucht. Das große Interesse hat einen Grund: Auf dem Fliegerhorst Wunstorf lernten rund 70 Prozent der Bomber- und Aufklärungseinheiten der „Legion Condor“ ihr “Handwerk”. Die Bombenflugzeuge der Legion Condor zerstörten im Spanischen Bürgerkrieg Städte und Dörfer – darunter die baskische Stadt Gernika. Über Jahrzehnte wurde dieses Kapitel der regionalen Geschichtsschreibung aus Rücksicht auf den Bundeswehrfliegerhorst (!) zunächst verschwiegen, später relativiert. In Wunstorf hat eine offene Diskussion über die “vergessene” Geschichte begonnen.
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